Auf Marktpätzen wie Ebay oder Amazon, auf denen täglich hunderttausende Transaktionen stattfinden, gibt es zwangsläufig auch Kunden, die in betrügerischer Absicht handeln. Die Methoden, die dabei angewandt werden, reichen von einfachem „Ich habe 3 Artikel bestellt, aber nur 2 bekommen“ bis hin zu komplexeren Konstrukten, oft auch unter Einbeziehung von mehreren Accounts.
Ich hatte gerade mal wieder ein Beispiel, das ich kurz schildern möchte, um das Bewusstsein für solche Vorgehensweisen zu schärfen.
Eine Kundin kaufte kürzlich einen Artikel bei mir über Ebay, zahlte diesen aber nicht. Kurze Zeit später kaufte sie unter einem anderen Ebay- Account, dessen Name dem ersten Account sehr ähnlich war, denselben Artikel und zahlte ihn. Ich wunderte mich, dass die Käuferin, nennen wir sie mal „Kerstin Schneider“ den Versand an einen „Peter Müller“ wünschte, aber was solls, ist ja ihre Sache.
Ich versende also die Bestellung an Peter Müller und frage die Kundin, ob die erste Bestellung ein Versehen war und wir diese Transaktion abbrechen sollen. Keine Reaktion.
Fünf Tage später, die bezahlte Bestellung ist inzwischen ausgeliefert, erhalte ich plötzlich die Bezahlung für die erste Bestellung und nur wenige Minuten später eine Nachricht von Kerstin Schneider: Habe heute einen Artikel bei Ihnen gekauft, aber die Lieferadresse ist wohl falsch. Bitte senden Sie an Peter Müller…
Ich schaue bei der nun bezahlten Bestellung nach und tatsächlich ist dort als Lieferadresse nicht Peter Müller sondern Petra Meyer hinterlegt.
Irgendwie werde ich stutzig ob des Namens- und Adress- Wirrwarrs und tatsächlich: die Bestellung, die nun bezahlt wurde, kam vom Ebay- Account kerschnei0, die Mail wegen der abweichenden Lieferadresse kam dagegen von Kerstin Schneiders Zweitaccount kerschei0.
Rechtliche Konsequenz
Hätte ich nun also aufgrund der Mail von kerschei0 die Bestellung von kerschnei0 an die von kerschei0 angegebene abweichende Adresse geschickt, hätte kerschnei0 nach ein paar Tagen einen Fall geöffnet und gefragt: Wo bleibt meine Bestellung? Da ich die Bestellung an eine „falsche“ Adresse geschickt habe, würde der Ebay- Käuferschutz natürlich zugunsten der Kundin entscheiden und ihr die Zahlung aus meinem Guthaben erstatten. Die pfiffige Frau Schneider hätte also zwei Artikel zum Preis von einem erhalten.
Wäre das in der Hochsaison für meine Artikel passiert, wäre mir das vermutlich nicht aufgefallen, aber da ich im Moment wenig Bestellungen bei Ebay habe, konnte ich mich an die Doppelbestellung von vor fünf Tagen erinnern und wurde misstrauisch.
Überhaupt gilt für abweichende Lieferanschriften, dass der Verkäuferschutz von Paypal nur greift, wenn ich als Verkäufer an die bei Ebay in der Kaufabwicklung hinterlegte Adresse versende. Jegliche Emails von Kunden, selbst wenn sie von dem korrekten Account kommen, in denen um Versand an eine andere Adresse gebeten wird, sind rechtlich problematisch. Die einzige rechtlich korrekte Verhaltensweise für Verkäufer ist es, den Verkauf abzubrechen und den Kunden zu bitten, eine neue Bestellung mit der korrekten Lieferanschrift aufzugeben. Das ist vielen Kunden, die die rechtliche Problematik nicht verstehen, zu viel Aufwand, so dass man hier möglicherweise eine Bestellung verliert.
In den meisten Fällen handelt es sich ja auch nicht um Betrugsversuche sondern einfach um daddelige Kunden, die in der Kaufabwicklung vergessen, dass noch eine alte Adresse hinterlegt ist. Aber man muss sich als Verkäufer der Tatsache bewusst sein, dass man im Falle eines Problems keine Chance hat und das Geld für diesen Artikel abschreiben kann. Je nachdem in welcher Preisklasse ihr verkauft, müsst ihr euch das also gut überlegen.
Dazu kommt natürlich auch noch der zusätzliche Aufwand im Arbeitsablauf, den abweichende Lieferadressen verursachen. Wenn ihr die Bestellungen automatisch in eine Versandsoftware importiert, werdet ihr diese Bestellung händisch ändern müssen, was Zeit kostet.
Was tun bei Betrugsverdacht?
Die Situation ist unangenehm für den Verkäufer, denn man konfrontiert Kunden ungerne mit dem Vorwurf, dass man sie gerade bei einem Betrugsversuch erwischt hat. Viele Verkäufer gehen dem auch aus Angst vor einer negativen Bewertung nicht weiter nach oder sind sich nicht sicher, ob es sich nicht doch um einen dummen Zufall handelt.
Natürlich fiel auch Kerstin Schneider aus allen Wolken, als ich sie fragte, ob sie mit dem kleinen Verwirrspielchen mit den zwei Accounts irgendeinen bestimmten Zweck verfolge. Sie sei eine alte Frau, die sich mit Internet nicht so auskenne und überhaupt gehe es ja auch nur um 17 Euro.
Man erkennt allerdings einen guten Betrüger auch daran, dass das Handeln an fast allen Stellen auch ein dummer Zufall sein könnte. Allerdings konnte mir Kerstin Schneider bisher nicht beantworten, warum sie sich für die Zahlung des zweiten Artikels auf kerschnei0 einloggt, dann dort ausloggt und sich sofort danach auf kerschei0 einloggt, um mir die Nachricht mit der abweichenden Lieferadresse zu schicken. An der Stelle wird das planvolle Agieren sichtbar und dies ist nicht mit einem blöden Zufall oder technischem Unvermögen zu erklären.
Ab wann ist Betrug strafbar?
Das ist genau der Punkt, an dem Betrüger dann doch am Ende meist noch davonkommen. In den meisten Fällen des versuchten Betrugs, die ich in den letzten zehn Jahren bemerkt habe, ging es um weniger als 20 Euro. Natürlich ist es bei diesem isolierten Einzelfall albern dem nachzugehen, doch ist Betrug in den seltensten Fällen ein Einzelfall. Ein Betrüger, dessen Masche funktioniert, wird ja nicht nach einem Betrug aufhören. Und er wird auch nicht aufhören, wenn er einmal erwischt wird und nur den mahnenden Zeigefinger gezeigt bekommt. Im Gegenteil, Kerstin Schneider wird zwei neue Accounts bei Ebay öffnen und das Spielchen weiter perfektionieren, wenn ihr nicht das Handwerk gelegt wird.
Was tun bei Betrug?
Welche Möglichkeiten habe ich als Verkäufer denn, um mich vor Betrügern zu schützen? Schaut man sich die Möglichkeiten an, wird man nur gequält lächeln. Man kann bei Ebay die betreffenden Accounts auf die Blacklist setzen, so dass diese bei einem nicht mehr kaufen können. Angesichts der Tatsache, dass ein neuer Ebay- Account schnell eröffnet ist, bietet das nur wenig Schutz.
Man kann den Käufer bei Ebay melden. Das hilft einem im konkreten Fall zwar auch nichts, aber Ebay sammelt Informationen über Käufer und wenn sich z.B. zeigt, dass diese beiden Accounts schon häufiger gleichzeitig denselben Artikel gekauft haben und vielleicht auch häufiger Fälle geöffnet haben, werden solche Accounts gesperrt. Das hilft natürlich auch nur bedingt, denn wie gesagt: es ist verhältnismäßig leicht, neue Accounts zu öffnen.
Um einen Käufer zu melden, klickt ihr in eurer Verkaufsübersicht links neben dem betreffenden Verkauf auf den Pfeil, mit dem ihr das Dropdown- Menu aufklappt. Ganz unten findet sich der Punkt „Einen Käufer melden“. Klickt darauf und folgt dem Menu. Es gibt dort leider nicht den Punkt „Mein Käufer ist ein verdammter Betrüger“, deshalb wählt den Punkt, der eurem Problem am nächsten kommt.
Bleibt das ganz schwere Geschütz: die Strafanzeige. Diese kann in eindeutigen Fällen auch online gestellt werden (wie man eine Strafzeige online aufgibt). Da eine Strafanzeige eine ernste Sache ist und Falschanzeigen auch zu Problemen für euch selbst führen können, solltet ihr von diesem Instrument nur Gebrauch machen, wenn ihr euch wirklich 100% sicher seid. Da ihr die Strafanzeige bei der Onlinewache eures Bundeslandes aufgeben müsst, gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Verfahrensweisen. Einige Bundesländer bieten auch die Möglichkeit, statt einer Strafanzeige einen Hinweis zu geben. In Fällen, in denen ihr nicht sicher seid, ist das Hinweisgeben natürlich der Strafanzeige vorzuziehen.
Fazit
Sich gegen Betrugsversuche zur Wehr zu setzen ist mühselig und zeitraubend, aber notwendig. Nur wenn Betrüger wirklich Angst vor Konsequenzen ihrer vermeintlichen Kavaliersdelikte haben müssen, wird dieser Volkssport einzudämmen sein.
Namen und Accounts in diesem Artikel sind ausgedacht. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder existierenden Accounts sind zufällig und unbeabsichtigt.