Paypal verschickt aktuell wieder Mails über bevorstehende Änderungen an den AGB’s. Eine Änderung hat es dabei für Händler in sich – in Zukunft zahlen Händler eine Paypal Konfliktgebühr, wenn sie sich mit dem Käufer nicht über einen Streitfall einigen.
Nicht nachvollziebare Entscheidungen des ebay- oder auch des Paypal- Käuferschutzes sind schon legendär. In vielen Fällen wurde in der Vergangenheit vollkommen unabhängig von der jeweiligen Rechtslage munter zugunsten von Käufern erstattet – natürlich aus dem Guthaben des Verkäufers.
Paypal Konfliktgebühr erhöht Druck auf Händler
Nun plant Paypal, dieses extralegale Verfahren noch um eine Komponente zu erweitern, die den Druck auf die Verkäuferseite erhöhen soll: Wird ein Konflikt nicht zwischen Käufer und Verkäufer geregelt und gewinnt der Käufer dann den Käuferschutzfall bei Paypal, zahlt der Verkäufer nicht nur die Kosten für den Artikel sondern auch noch eine Konfliktgebühr in bisher unbestätigter Höhe – spekuliert wird über 14 Euro pro Fall.
Paypal Konfliktgebühr – Das neue Verfahren
Der Käufer hat wie bisher 180 Tage Zeit, einen Konflikt an Paypal zu melden. Kommt es dann innerhalb von 20 Tagen nicht zu einer einvernehmlichen Lösung zwischen Verkäufer und Käufer, so kann der Käufer den Fall eskalieren und einen Käuferschutzantrag bei Paypal stellen. Der Verkäufer hat dann erneut zehn Tage Zeit, sich gegenüber Paypal zu den Vorwürfen zu äußern. Erst wenn dieser Käuferschutzfall zugunsten des Käufers entschieden wird, wird die Konfliktgebühr beim Händler fällig. Gewinnt der Händler den Käuferschutzfall oder könnt ihr eine gütliche Einigung mit dem Käufer erzielen, wird die Konfliktgebühr nicht fällig. Details findet ihr auf der Paypal- Webseite.
Die beiden Gründe für einen Käuferschutzantrag sind dieselben wie bisher. Ein Käufer kann einen Käuferschutzantrag stellen, wenn ein Artikel nicht geliefert wurde oder erheblich von der Beschreibung abweicht. Für den ersten Fall war es bisher meist ausreichend, eine Sendungsverfolgungsnummer anzugeben, mit der belegt werden konnte, dass der Artikel gegen Unterschrift zugestellt wurde. Letzteres ist aktuell wegen der Corona- Pandemie schwierig bis unmöglich, weil die Transportunternehmen Pakete in der Regel kontaktlos, also ohne Unterschrift, zustellen.
Die schwierigen Fälle sind immer die, die wegen „erheblicher Abweichung von der Beschreibung“ gestellt werden. In der Mehrzahl der Fälle kennen die Kunden hier einfach nicht den Unterschied zwischen „erhebliche Abweichung von der Beschreibung“ und „ich habe mir etwas anderes vorgestellt“. Oft ist das Problem hier nicht die Artikelbeschreibung sondern die Erwartungshaltung des Kunden. Dies ist meist umso schwerwiegender, je günstiger der Artikel ist.
Zwangserstattung bei günstigen Artikeln
Während also bei angeblich nicht zugestellten Artikeln in normalen Zeiten ein einfacher Sendungsbeleg den Streit aufklären kann, ist das bei der Frage, ob ein Artikel von der Beschreibung abweicht, deutlich schwieriger. Leider ist in diesen Fällen auch der Aufklärungswille bei den Plattformen oder den Zahlungsdienstleistern wenig ausgeprägt, weil es meist auch um geringe Beträge geht.
Entsprechend wird bei Beträgen um die 20 Euro meist ein Einlenken des Verkäufers auf Kulanzbasis erwartet. Die Konfliktgebühr von Paypal soll offenbar den Druck auf die Verkäufer erhöhen, solchen Erstattungen aus Kulanz oder Übernahme der Rücksendekosten (um die es meist ja eigentlich geht) zuzustimmen. Die neue Paypal Konfliktgebühr ist also im Ergebnis nichts anderes als die Einführung der kostenlosen Retouren für Paypal- Kunden – auf Kosten der Verkäufer.
Ist die Paypal Konfliktgebühr rechtlich zulässig?
Die Frage, ob die Einführung einer Paypal Konfliktgebühr rechtlich zulässig ist, ist nicht so leicht zu beantworten. Natürlich ist es das gute Recht eines Zahlungsdienstleisters Zusatzaufwand mit einer zusätzlichen Gebühr zu belegen. Spannend ist, ob es zulässig ist, diese Gebühr nur einer Konfliktpartei, nämlich dem Verkäufer, aufzuerlegen. Es scheint jedenfalls nicht so zu sein, dass der Käufer die Gebühr zahlen muss, wenn er den Käuferschutzantrag verliert. In diesem Fall entfällt die Gebühr einfach.
Leichter zu beantworten ist wahrscheinlich die Frage nach der rechtlichen Bindungswirkung einer Käuferschutzentscheidung von Paypal. Hier gibt es ja schon eine Reihe von Gerichtsurteilen zu ebay Käuferschutz, Amazon A bis Z- Garantie oder auch Paypal Käuferschutz, die im Großen und Ganzen die Meinung vertreten, dass ein solches privatwirtschaftliches Marketing- Instrument, das vor allem geschaffen wurde, um Vertrauen beim Kunden herzustellen, keinen Ersatz für ein Gerichtsurteil darstellt. Insofern kann jeder Verkäufer unabhängig von solchen Entscheidungen den Käufer weiter zur Zahlung des Kaufpreises anhalten.
Paypal Konfliktgebühr und ebay Zahlungsabwicklung
Die nächste spannende Frage betrifft Verkäufer, die bei ebay verkaufen und bereits in der neuen Zahlungsabwicklung sind (Alle Artikel zur ebay Zahlungsabwicklung). Ebay wirbt ja für die neue Zahlungsabwicklung mit dem Argument, dass man nun die Zahlungen aus einer Hand erhält und nicht mehr bei verschiedenen Dienstleistern verschiedenen Regeln unterliegt. Streng genommen müsste es also so sein, dass ein Käuferschutzfall, den ein ebay- Kunde bei Paypal öffnet, nicht mehr das Problem des Verkäufers sein kann, denn der Verkäufer ja hat keinen Vertrag mehr mit Paypal sondern zahlt eine Gebühr dafür, dass ebay die Käufe abwickelt. In dieser Gebühr müssten geplatzte Zahlungen, Rückbuchungen und eben auch Paypal Käuferschutzfälle inbegriffen sein. Ich habe es gerade nicht mehr in der Hand, besonders riskante Zahlungsmethoden wie Kauf auf Rechnung zu vermeiden. Entsprechend kann ebay als mein Zahlungsdienstleister mir auch keine Zusatzkosten aufbürden für Risiken mit Zahlungsmethoden. Soweit die Theorie.
Natürlich habe ich mich dem ebay Käuferschutz unterworfen und muss mit dessen Entscheidung erstmal leben, doch auf einen Paypal Käuferschutzfall habe ich als unbeteiligter Dritter ja faktisch keinen Einfluss mehr.
In der Praxis wird es aber vermutlich genau so laufen, dass Kosten, die durch solche Käuferschutzfälle und zusätzliche Gebühren entstehen, einfach von eurer Auszahlung einbehalten werden und es wird dann wieder Gerichtsurteile brauchen, die klären, ob das zulässig ist oder nicht.
Konfliktgebühr nur ein Sturm im Wasserglas?
Die Paypal Konfliktgebühr hat das Potential zum Aufregerthema, doch wird sie auch in der Praxis eine größere Rolle spielen? Das kann man wahrscheinlich bezweifeln. Wann immer ein Marktplatz oder ein Zahlungsdienstleister eine käuferfreundliche Neuerung einführt, wird die neue Regel sofort auf das Betrugspotential abgeklopft. In der Praxis zeigt sich dann regelmäßig, dass es meist viel Geschrei um nichts ist.
Der Großteil der Käufer im Onlinehandel will einfach nur schnell seinen Artikel geliefert bekommen und ist zufrieden. Ein kleiner Prozentsatz hat Probleme mit der eigenen Erwartungshaltung und nur einige sehr wenige Käufer haben offene Betrugsabsichten, die solch eine Gelegenheit tatsächlich ausnützen wollen.
Ich habe in meinem Verkäuferleben eine mittlere sechsstellige Zahl an Transaktionen hinter mir und kann mich nur an eine gute Handvoll Käufer erinnern, die ganz offensichtlich versucht haben, mich zu betrügen – und bei denen habe ich, soweit ich mich erinnere, die Käuferschutzfälle auch alle gewonnen. In einem Fall ist mal eine Erstattung durch die Plattform vorgenommen worden, die mir aber nicht in Rechnung gestellt wurde.
Paypal führt Konfliktgebühr für Händler ein – Fazit
In der Praxis wird die Konfliktgebühr dazu führen, dass wir als Händler bei Käuferschutzfällen wegen „Artikel weicht von der Beschreibung ab“ ein Rücksendeetikett an den Käufer rausrücken werden. Ein sprunghafter Anstieg an solchen Käuferschutzfällen ist nicht zu erwarten. Wenn das wider Erwarten doch zu einem Kostenfaktor werden sollte, der die Marge angreift, wird man das einpreisen müssen.
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