„Optimismus“ bedeutet der japanische Name des Ecommerce- Riesen Rakuten übersetzt. Ob dieser Optimismus in Bezug auf den Einstieg in den deutschen Onlinehandels- Markt mit dem Kauf des Marktplatzes Tradoria im Jahr 2011 immer noch gerechtfertigt ist, daran bestehen hierzulande leise, aber dennoch lauter werdende Zweifel. Wir klären, ob sich Verkaufen auf Rakuten.de lohnt.
Rakuten ist in Japan DER Player im Ecommerce und hat seinen weltweiten Umsatz von 2007 bis 2016 von 1,8 Mrd. auf 6 Mrd. Euro mehr als verdreifacht. Weltweit ist man damit in den Top 10 des Ecommerces, auch wenn der Abstand zu Amazon mit seinen knapp 123 Mrd. Euro Umsatz riesig ist. Noch ein bisschen trostloser sieht die Lage in Deutschland aus. War der Einstieg in den deutschen Markt begleitet von Kampfansagen in Richtung der hiesigen Platzhirsche Amazon und Ebay, muss man heute einräumen, dass Rakuten.de nicht wirklich von der Stelle kommt und für Amazon und Ebay keine wirkliche Konkurrenz darstellt.
104 Millionen Euro betrug der Jahresumsatz auf der deutschen Plattform 2016. Amazon setzte mit 12,8 Mrd Euro mehr als hundert Mal so viel um. Zwar hat Rakuten ein großes Netzwerk an Services, wie den Streamingdienst Rakuten TV und den Messengerdienst Viber, doch fehlt es zumindest für den deutschen Markt an einer umfassenden Marketing- Strategie, die Verbraucher hierzulande von der Rakuten- Welt zu begeistern. Auch das Kundenbindungsprogramm mit den Rakuten Superpunkten ist nicht schlecht, doch um Kunden zu binden, muss man erstmal welche haben.
Die globale Strategie ist Klotzen statt Kleckern. Als Hauptsponsor des FC Barcelona investiert man seit 2017 50 Mio Euro jährlich in den Aufbau der globalen Marke (zuzüglich Erfolgprämien für den Gewinn von Titeln). Ein vergleichbares Sponsoring leistet man sich in Deutschland aber nicht, obwohl der Einstieg möglicherweise lohnenswert wäre, denn die hiesige Konkurrenz Amazon und Ebay investieren nicht in Sportvereine.
Angesichts dieser Ausgangslage mit übermächtiger Konkurrenz und einer vergleichsweise schwachen Kundenbasis stellt sich für deutsche Onlinehändler die Frage, ob es sich lohnt, seine Artikel bei Rakuten.de anzubieten.
Verkaufen auf Rakuten.de: Die Kosten im Vergleich
In 2011 war die Goldgräberstimmung bei Rakuten offenbar groß und man schickte Massen an Callcenter- Mitarbeitern los, die Ebay- und Amazon- Händlern das Verkaufen auf ihrem neuen Marktplatz schmackhaft machen sollten. Dazu gab es jeweils ein paar kostenlose Schnuppermonate.
Außerhalb von solchen Sonderangeboten mit Schnupper- Monaten gibt es aktuell in 2019 keine Möglichkeit, kostenlos auf Rakuten zu verkaufen. Man ist also immer gezwungen, die monatlichen Grundkosten von stolzen 39 Euro zu tragen- und weil man sich bei Rakuten offenbar über die schwache Reichweite des eigenen Marktplatzes im Klaren ist, wird man als Verkäufer auch noch in einen Jahresvertrag gezwungen.
Kurzum: Die Entscheidung, mal das Verkaufen auf Rakuten auszuprobieren, kostet schon mal etwas über 500 Euro, denn es wird auch noch eine einmalige Gebühr von 49 Euro für werweißwas fällig, wenn man nicht bereit ist, die gesamte Jahresgebühr im Voraus zu bezahlen. Daneben wird noch eine verkaufsabhängige Provision fällig, die nach Kategorien variiert, aber für die meisten Artikel 9% beträgt. Dazu kommt noch ein Prozent für die Beteiligung an den Superpunkten und ein weiteres Prozent für das hauseigene Affiliate- Programm, wobei unklar bleibt, ob das Prozent grundsätzlich anfällt oder nur wenn der Verkauf über den Link eines Affiliate- Partners zustande gekommen ist.
Zum Vergleich: Amazon nimmt zwar auch 39 Euro Grundgebühr und sogar 15% Verkaufsprovision in den meisten Fällen, doch erstens macht man als Verkäufer bei Amazon auch garantiert Umsatz und zweitens gibt es bei Amazon ja auch die Möglichkeit ohne Abo kostenlos zu verkaufen bzw. eben nur umsatzabhängig beim Verkauf eines Artikels.
Auch bei Ebay gibt es die Möglichkeit, ohne Shop und damit ohne Grundgebühr zu verkaufen. Selbst das Basis- Shop- Abo bei Ebay ist günstiger als der Rakuten- Shop. Das Wichtigste ist aber: Man kann bei Amazon und Ebay jederzeit bzw. monatlich aussteigen und ist nicht für ein ganzes Jahr an ein Abo gekettet.
Vorteile von Verkaufen auf Rakuten.de
Natürlich ist nicht alles schlecht bei Rakuten. So betont man dort gerne, dass man selbst nicht als Händler auftritt und deshalb nicht in Konkurrenz zu den eigenen Business- Kunden tritt. Dies ist eine klare Spitze gegen Amazon, die in Verdacht stehen, die Verkaufsdaten auf ihrer Plattform dazu zu nutzen, gut laufende Artikel zu identifizieren und dann selbst zu produzieren.
Ein Marktplatz, der nichts anderes sein will als Marktplatz hat da für Verkäufer natürlich einen gewissen Reiz. Allerdings muss man dazu sagen, dass Amazon in der Hinsicht auch eine Ausnahme ist, denn kein anderer Marktplatz hat ein solches Geschäftsmodell. Insofern hat Rakuten damit kein Alleinstellungsmerkmal sondern grenzt sich hier nur gegen die Praxis des Marktführers ab.
Ein Vorteil von Rakuten ist, dass der Marktplatz Rechtstexte zur Verfügung stellt und für diese auch die Haftung übernimmt. Das kann einem Händler bares Geld sparen, jedenfalls wenn er wegen der Rechtstexte auf anderen Plattformen nicht ohnehin schon Mitglied des Händlerbundes ist oder anderweitig Geld für Rechtstexte ausgibt.
Zudem übernimmt Rakuten auch die Zahlungsabwicklung und bietet als meines Wissens einzige Plattform eine telefonische Bestellannahme. Die Zahlungsabwicklung umfasst alle beliebten Zahlarten von Paypal über Rechnung, Kreditkarte oder Lastschrift. Für die Zahlungsabwicklung zahlt man bei Ebay ja mit den Paypal- Gebühren zur Zeit noch extra (auch wenn Ebay gerade dabei ist, seine eigene Zahlungsabwicklung zu implementieren). Die Auszahlung des Guthabens, reduziert um die Verkaufsgebühren, erfolgt mit 16 Tagen Verzögerung. Rakuten wartet also den Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen plus zwei Tage für den Versand ab, bevor der Betrag an den Händler ausgezahlt wird.
Insgesamt ist der Katalog an Vorgaben an die Rakuten- Händler deutlich dünner als die umfassenden Regelwerke bei den beiden großen Playern. Man unterstützt die Händler bei der technischen Umsetzung und beim Marketing- Rakuten nennt das Empowerment- lässt ihnen ansonsten aber reichlich Raum zur Entfaltung. Ähnlich wie in den Ebay- Shops können sich Rakuten- Händler mit ihren Shops individuell präsentieren.
Im Gegensatz zu den individuellen Shops soll das Kundenbindungsprogramm Rakuten Superpoints natürlich Gemeinschaft stiften und Kunden zum Wiederkommen animieren. Dies ist für Verkäufer natürlich ein Vorteil, den sie allerdings mit ihrem Zusatzprozent Umsatzprovisionen auch selbst bezahlen.
Ein weiterer Vorteil könnte es sein, dass man sich den Marktplatz Rakuten nur mit ca. 7000 anderen Verkäufern teilt. Das wäre jedenfalls dann ein Vorteil, wenn es eine nennenswerte Kundenbasis gäbe. Das ist allerdings nur ein Wunschtraum und damit sind wir dann schon bei den Nachteilen…
Nachteile von Verkaufen auf Rakuten.de
Die sehr sportlichen Kosten für das Handeln auf der Plattform von Rakuten.de sind schon angesprochen worden. Auch die Art des Vertragsabschlusses ist nicht so richtig vertrauenserweckend.
Man meldet sich nicht einfach zum Verkaufen an bei Rakuten sondern man füllt ein Formular aus und wird dann angerufen. Dieser Weg ist mir persönlich nicht sehr sympathisch, weil ich aus schlechten Erfahrungen heraus keine telefonischen Verträge abschließen mag.
Das Problem mit telefonischen Verträgen ist, dass ein solcher Vertrag zwischen zwei Unternehmern anders als ein Vertrag, den man als Verbraucher am Telefon abschließt, nicht widerrufen werden kann. Man kann sich also am Telefon in langfristige Verträge reinquatschen lassen, aus denen man nicht ohne weiteres rauskommt.
Ich habe keine Ahnung, wie die Vertragsabschlüsse bei Rakuten schlussendlich zu Stande kommen und wie seriös der telefonische Umgang dort ist, aber mir sind Online- Anmeldungen, die ordentlich dokumentiert werden und bei denen man sich die Bedingungen auch noch mal in Ruhe durchlesen kann, grundsätzlich lieber.
Das Hauptargument für oder gegen jede Verkaufstätigkeit auf einer Plattform ist aber immer die Kundenbasis. Die günstigsten Preise und innovativsten Ideen helfen rein gar nichts, wenn niemand auf dem Marktplatz einkauft. Alle meine Erfahrungen, die ich mit anderen Plattformen als Ebay und Amazon gemacht habe, waren negativ und ich habe bei allen am Ende draufgezahlt oder bin knapp plus minus Null rausgekommen.
Man investiert Zeit in Aufbau und Pflege von Listings und ist am Ende frustriert, weil nichts dabei rauskommt. In meinen 4 Monaten auf der DHL- Plattform Allyouneed zum Beispiel habe ich, glaube ich, zwölf Bestellungen gehabt, von denen vier retourniert wurden.
Was Rakuten angeht, kenne ich niemanden persönlich, der dort verkauft (was schon verdächtig ist) und auch in Sellerforen ist das Thema Verkaufen auf Rakuten.de für die allermeisten durch. Bis vor ein paar Jahren war Rakuten mit der Möglichkeit, seine eigene Domain auf den Rakuten- Shop umzulegen, noch so was wie ein ordentliches Mietshopsystem. Bisschen overpriced, aber technisch nicht schlecht umgesetzt. Nachdem es diese Möglichkeit nun auch nicht mehr gibt und sich Rakuten von immer mehr Märkten zurückzieht (2016 Aus in Spanien und UK), warten eigentlich alle nur noch auf den Tag, an dem Rakuten auch seiner deutschen Plattform den Stecker zieht. Das sind natürlich unattraktive Voraussetzungen, um eine Jahresgebühr im Voraus zu zahlen.
Fazit zum Verkaufen auf Rakuten.de
Ich habe all den nervigen Werbeanrufen von Rakuten bei deren Markteinführung getrotzt und nie dort gelistet. Die finanziellen Bedingungen sind mir nicht attraktiv genug, um mein Glück auf einer 2 B- Plattform zu versuchen. Positive Erfahrungsberichte in den einschlägigen Sellerforen sind rar, was mich vermuten lässt, dass meine Einschätzung nicht ganz falsch ist.
Habt ihr Erfahrungen mit Rakuten gemacht? Schreibt mir in den Kommentaren.
Der Artikel basiert auf Auszügen aus der neuesten Auflage meines Buches „Erfolgreich verkaufen bei Ebay, Amazon & Co“, das ihr als Printversion oder als Ebook kaufen könnt.