EU Umsatzsteuer

One Stop Shop FAQ ► Umsatzsteuer, Lieferschwellen

Am 01.07.2021 tritt die EU- Regelung für den so genannten One Stop Shop (OSS) in Kraft. Was das für eure Umsatzsteuererklärung bedeutet, wo ihr Umsatzsteuer zukünftig abführen müsst und welche Möglichkeiten Onlinehändler dabei haben, erkläre ich euch in diesem Artikel.

Was ist neu ab 1. Juli 2021?

Ab 01.07.2021 muss die Umsatzsteuer für so genannte innergemeinschaftliche Fernverkäufe an Privatpersonen im Land des Empfängers gezahlt werden. War es bisher so, dass die Umsatzsteuer für einen z.B. nach Frankreich verkauften Artikel in Deutschland entrichtet werden konnte (jedenfalls wenn der Artikel aus Deutschland versendet wurde und ihr die jeweiligen Lieferschwellen von mindestens 35.000 Euro pro Land und Jahr nicht überschritten habt), wird die Umsatzsteuer für Warenverkäufe ins innergemeinschaftliche Ausland zukünftig grundsätzlich im Empfängerland fällig.

Um die Umsatzsteuer z.B. in dem genannten Beispiel in Frankreich abführen zu können, musste man sich bisher relativ aufwändig in Frankreich steuerlich registrieren lassen. Wer viel an Privatpersonen in anderen Ländern der EU verkauft, müsste sich im schlechtesten Fall in bis zu  26 anderen EU- Ländern registrieren lassen.

Was ist der One Stop Shop?

Die One Stop Shop- Regelung ist nun eine Ausnahmeregelung, die es euch als gewerbliche Verkäufer erlaubt, eure Steuerschulden in anderen EU- Ländern vierteljährlich in nur einer Steuererklärung an das Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen. Nach Ende eines Quartals habt ihr dazu einen Monat Zeit, um die EU- Steuererklärung beim BZSt einureichen und die sich ergebende Steuer zu überweisen. Ein Lastschriftverfahren ist nicht möglich.

Bedenkt dabei, dass ihr den jeweils in dem Empfängerland geltenden Umsatzsteuersatz zahlen müsst und so ziemlich in jedem Land der Satz höher ist als in Deutschland.

Da die One Stop Shop Lösung eine Ausnahmeregelung von der grundsätzlichen Pflicht, euch in den anderen EU Ländern steuerlich zu registrieren, ist, müsst ihr euch für den One-Stop-Shop anmelden. Näheres dazu gibt es auf der Seite des Bundeszentralamtes für Steuern.

One Stop Shop Umsatzsteuererklärung

Gibt es weiterhin Lieferschwellen?

Wie gesagt, im Grunde gilt die Umsatzsteuerpflicht im Empfängerland schon heute. Es gab aber für jedes Land der EU eine Lieferschwelle, bis zu der man stattdessen die Umsatzsteuer im Herkunftsland abführen konnte. Für die meisten Länder betrug die Lieferschwelle 35.000 Euro pro Jahr, d.h. ihr musstet die Umsatzsteuer in einem bestimmten Land erst dann abführen, wenn ihr dort mehr als 35.000 Euro Umsatz pro Jahr gemacht habt. Für kleine bis mittlere Amazon Seller war diese Regelung meist nicht so relevant, weil diese in der Regel deutlich unter diesen Umsätzen geblieben sind. Lediglich für Österreich konnte das Einhalten der Lieferschwelle ggf. mal zum Problem werden, weil viele Österreicher eben regelmäßig auf amazon.de einkaufen.

Zum 01.07.2021 wurden alle diese Lieferschwellen nun abgeschafft. Es gibt fortan nur noch eine so genannte Bagatellgrenze von 10.000 Euro für die gesamte EU (also nicht mehr pro Land). Wer Waren für weniger als 10.000 Euro aus Deutschland in die übrige EU verkauft, kann diese Verkäufe also auch weiterhin in Deutschland versteuern und muss sich nicht für den One Stop Shop anmelden.

Dabei ist zu beachten, dass diese Grenze von 10.000 Euro immer für das laufende, aber auch noch für das vorangegangene Jahr gilt. In beiden Jahren müsst ihr unter 10.000 Euro an Fernabsätzen getätigt haben, um von der Bagatellregelung profitieren zu können. Konkret für 2021 reicht es also nicht aus, in diesem Jahr Fernabsätze für weniger als 10.000 Euro in andere EU Länder zu tätigen sondern ihr dürft auch in 2020 diese Schwelle nicht überschritten haben. Reißt ihr diese Schwelle in dem aktuellen oder dem vorangegangenen Jahr, müsst ihr euch für den One Stop Shop anmelden – oder euch in bis zu 26 anderen Ländern steuerlich registrieren, was keine wirkliche Option ist.

One Stop Shop und PAN EU

Was ist nun aber mit all den FBA- Händlern, die an Amazons PAN EU Programm teilnehmen und entsprechend bereits in allen Marktplatzländern sowie Polen und Tschechien steuerlich registriert sind? Können die sich dort abmelden und künftig die Umsätze bequem über den One Stop Shop melden?

Leider nein, so schön wie es auch wäre, die Kosten für und den Ärger mit den ausländischen Steueragenten vom Hals zu bekommen. Doch im Rahmen des PAN EU Programms lagert Amazon euren Warenbestand ja in vielen verschiedenen Lagern und die Warentransporte zwischen den Ländern, die so genannten Innergemeinschaftlichen Verbringungen, bedingen weiterhin zwingend, dass ihr euch in den Ländern, in denen ihr Lagerbestand haltet, auch steuerlich registrieren lasst.

Umsatzsteuerlich ist es dann aber wohl so, dass z.B. Verkäufe aus Spanien nach Spanien weiterhin über euren Steueragenten in Spanien gemeldet werden müssen, Verkäufe aus Spanien in ein anderes Land dagegen über den One Stop Shop gemeldet werden müssen. Das wird also nicht unbedingt leichter werden.

Zählen für die Lieferschwelle Netto- oder Bruttoumsätze?

Für die Lieferschwelle von 10.000 Euro, ab der ihr in den Ländern der EU steuerpflichtig werdet, sind die Nettoumsätze – allerdings inklusive der Versandkosten – maßgeblich. Zudem ist noch mal darauf hinzuweisen, dass die 10.000’er Grenze ausschließlich für grenzüberschreitende Umsätze gilt. Umsätze aus Käufen innerhalb Deutschland bleiben ebenso unberücksichtigt, wie innergemeinschaftliche Lieferungen an Händler innerhalb der EU.

Innergemeinschaftliche Lieferungen an One Stop Shop melden?

Wichtig zu wissen ist, dass der One Stop Shop und die neue Lieferschwelle von 10.000 Euro ausschließlich für Verkäufe an Verbraucher, also so genannte B2C- Verkäufe, gilt. Weder zählen eure Verkäufe an andere Händler in einem anderen EU- Land für die Lieferschwelle, noch müsst ihr diese im One Stop Shop- Verfahren anmelden. Die Umsatzsteuer auf B2B- Verkäufe zahlt – wie bisher – der Käufer in seinem Steuerland. Ihr müsst Umsätze aus Verkäufen an andere Unternehmer im EU- Ausland weiterhin als Innergemeinschaftliche Lieferung in eurer Umsatzsteuervoranmeldung angeben und diese in der Zusammenfassenden Meldung an das Bundeszentralamt für Steuern deklarieren. Hier bleibt also alles wie bisher.

Dies ist übrigens auch der Grund, warum FBA- Seller bei Amazon, die am PAN EU- Programm teilnehmen, nicht wirklich vom One Stop Shop Verfahren profitieren. PAN EU- Seller sind ja in den Amazon Marktplatzländern Frankreich, Spanien und Italien sowie in den Lagerländern Polen und Tschechien steuerlich registriert. Die Warenbewegungen, die Amazon mit dem Lagerbestand des Händlers anstellt, also das Verbringungen von Artikeln von Deutschland nach Polen und für einen Verkauf weiter nach Frankreich sind alles Innergemeinschaftliche Lieferungen von euch als Unternehmer z.B. in Deutschland an euch selbst als Unternehmer in Polen und dann eine weitere Innergemeinschaftliche Lieferung von euch als Unternehmer in Polen an euch als Unternehmer in Frankreich, bevor dann die innerfranzösische Lieferung an einen Verbraucher erfolgt. Für die Innergemeinschaftlichen Verbringungen in eurem Namen müsst ihr zwingend auch weiterhin in den Ländern steuerlich registriert sein.

Liefert ihr übrigens als französischer Unternehmer an einen Verbraucher in Belgien, wurde dieser Verkauf bisher über euren Tax Agent in Frankreich deklariert. Nach der neuen Regelung muss dieser Verkauf nun in Belgien versteuert werden. Ihr müsstet euch als Unternehmer in Frankreich also für den französischen One Stop Shop anmelden und dort ebenfalls eure Lieferungen von Frankreich in die restliche EU deklarieren. Für PAN EU- Verkäufer bedeuten die Neuregelungen deshalb vor allem deutlich mehr Aufwand.

Was ist mit Lieferungen in Drittländer, z.B. Schweiz?

Der EU One Stop Shop ist eine Regelung ausschließlich für die EU. Für Lieferungen in Drittländer, wie die Schweiz oder die USA ändert sich steuerlich insofern nichts.

Wann muss ich im OSS- Verfahren Steuererklärungen abgeben?

Wer am One Stop Shop Verfahren teilnimmt, muss bis einen Monat nach Ende eines Quartals eine Steuererklärung beim Bundeszentralamt für Steuern abgeben. Diese Verpflichtung gilt auch, wenn für den Meldezeitraum keine Verkäufe aufgelaufen sind. In diesem Fall ist eine so genannte Nullmeldung abzugeben.

Konkret müssen also zu folgenden Terminen Steuererklärungen abgegeben werden:

  • Bis zum 30.04. für das 1. Quartal
  • Bis zum 31.07. für das 2. Quartal
  • Bis zum 31.10. für das 3. Quartal und
  • Bis zum 31.01. des Folgejahres für das 4. Quartal

Die jeweiligen Steuerbeträge müssen überwiesen werden. Ein Lastschrifteinzug ist aktuell nicht möglich.

Rückwirkend für OSS- Verfahren anmelden?

Aufgrund des Schwellenwertes von 10.000 Euro könnten kleine und mittlere Unternehmen mit überschaubaren Umsätzen in anderen EU- Ländern versucht sein, einfach so lange zu warten, bis die Lieferschwelle von 10.000 Euro überschritten ist und sich dann erst für den One Stop Shop anzumelden. Dies geht allerdings nicht, weil die Anmeldung zum OSS- Verfahren immer erst zum folgenden Quartal wirksam wird.

Wenn ihr also durch einen Verkauf am 15. Juli die Lieferschwelle überschreitet, müsst ihr alle weiteren Verkäufe ins EU- Ausland bis zum 30. September in den jeweiligen Ländern versteuern – inklusive vorheriger steuerlicher Anmeldung. Ein Vorgang, den man unbedingt vermeiden wollen wird!

Gilt die Regel auch für ebay Händler?

Die Regelung gilt natürlich nicht nur für Verkäufe, die ihr über Amazon tätigt sondern auch über sämtliche sonstige Umsätze – sei es über ebay oder andere Marktplätze und natürlich gilt das auch für Umsätze aus eurem eigenen Shop. Maßgeblich ist die Frage, ob es sich um einen innergemeinschaftlichen Fernverkauf, also einen Verkauf an eine Privatperson in einem anderen EU- Mitgliedsland, handelt.

Das macht die Sache im Zweifel natürlich noch unübersichtlicher, denn ihr müsst die Verkäufe auf allen Kanälen im Blick behalten – insbesondere wenn ihr die Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen wollt.

One Stop Shop Regelung – was muss ich nun tun?

Jeder, der 2020 bereits über 10.000 Euro netto an Umsatz mit Verkäufen an Privatpersonen innerhalb der EU (außer Deutschland) erzielt hat oder dies in 2021 voraussichtlich tun wird, MUSS sich entweder in allen Ländern, in die er Fernabsätze (also Onlineverkäufe) tätigt, steuerlich registrieren ODER am One Stop Shop Verfahren teilnehmen.

Wer 2020 unter 10.000 Euro Umsatz mit Fernverkäufen erzielt hat und voraussichtlich auch in 2021 unter dieser Grenze bleiben wird, kann die Umsatzsteuer auf die Fernverkäufe weiterhin in Deutschland entrichten. Aber Vorsicht: Ihr werdet mit dem ersten Verkauf, der zur Überschreitung der 10.000 Euro- Grenze führt, in dem Land steuerpflichtig. Verkauft ihr nach Überschreiten der Grenze durch einen Verkauf nach Frankreich noch einen Artikel nach Spanien, einen nach Portugal und einen in die Slowakei, müsst ihr euch in den vier Ländern steuerlich registrieren, um dort die Steuer abführen zu können. Eine Anmeldung für den One Stop Shop ist rückwirkend nicht möglich sondern nur für das jeweils nächste Quartal.

Ich würde nie das Risiko eingehen wollen, auch nur in die Nähe der 10.000’er Schwelle zu kommen, wenn ich nicht am One Stop Shop teilnehme.

Wer an der One Stop Shop Regelung teilnimmt, muss natürlich auf den Rechnungen an die Kunden im EU- Ausland auch den entsprechend angewendeten Mehrwertsteuersatz ausweisen und darf dort auf seiner Rechnung keine deutsche MwSt angeben.

Was bedeutet der One Stop Shop für Amazon Seller – Fazit

Die neue One Stop Shop Regelung ist offenbar noch gar nicht richtig im Bewusstsein vieler Onlinehändler angekommen, obwohl sie faktisch ab nächstem Monat davon betroffen sein werden. Es wird Zeit zu checken, ob man für die Ausnahmeregelung mit der 10.000 Euro- Schwelle in Frage kommen wird oder ob man sich wird anmelden müssen. Viel Zeit bleibt nicht mehr.

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