Was ohnehin jedem mit einem gesunden Rechtsverständnis irgendwie klar war, hat nun auch der Bundesgerichtshof (BGH) in einem vielbeachteten Urteil festgestellt: Die Entscheidung, die Amazon nach eigenen Kriterien in seinem Käuferbindungsprogramm „A bis Z- Garantie“ fällt, ist für den Verkäufer nicht bindend. Entscheidet also Amazon, dass dem Käufer seine Zahlung aus dem Guthaben des Verkäufers erstattet wird, kann der Verkäufer sein Geld trotzdem vom Käufer einfordern.
Amazon A bis Z Garantie: Was ist das?
Jeder Verkäufer bei Amazon hat das wahrscheinlich schon mal gehabt: Man loggt sich in sein Sellercentral ein und sieht ein rotes Ausrufungszeichen neben der Verkäuferleistung. Ein Kunde hat einen A bis Z- Garantieantrag bei Amazon gestellt, weil er mit irgendetwas im Zusammenhang mit seiner Bestellung nicht zufrieden war. Die A bis Z- Garantie ist eine Werbung, die Amazon seinen Kunden anbietet, um ihnen ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon heißt es dazu:
Wenn Sie bei Amazon.de eine Bestellung bei Marketplace-Verkäufern aufgeben, garantieren wir für Zustand, rechtzeitige Lieferung des Artikels sowie Erstattung in bestimmten Fällen mit der A-bis-Z-Garantie.
Wenn also z.B. die gelieferte Ware einen Mangel aufweist, hat der Kunde zwei Möglichkeiten. Er kann seinen Anspruch auf Mangelbeseitigung aus der gesetzlichen Gewährleistung gegenüber dem Verkäufer geltend machen oder er kann einen A bis Z Garantieantrag stellen. Obwohl ich persönlich als Verkäufer mit der A bis Z- Garantie nur vereinzelt schlechte Erfahrungen gemacht habe, sind die Verkäuferforen voll von Berichten, nach denen Amazon in schöner Regelmäßigkeit zu Gunsten der Käufer erstattet – teilweise sogar mehr als der Käufer eigentlich geltend gemacht hat.
Missbrauch der Amazon A bis Z Garantie
Was sich kaum bestreiten lässt, ist dass ein solches kundenfreundliches Programm, bei dem man als Käufer in der Regel sein Geld wiederbekommt, ohne Nachweis führen zu müssen, auch schwarze Schafe anzieht, die sich in betrügerischer Absicht bereichern wollen oder die sich vielleicht etwas anderes vorgestellt haben und nun zu bequem sind, den Artikel wieder zurück zu schicken. Ich selbst hatte in zehn Jahren sechs A bi Z Garantieanträge, von denen vier zu meinen Gunsten entschieden wurden. Nur die ersten beiden wurden gegen mich entschieden: einer war eine Auslandssendung, bei der es vor allem um die hohen Versandkosten ging, der andere Fall war ein klarer Betrug, bei dem der Käufer drei Artikel bestellt hat und behauptet hat, nur zwei Artikel erhalten zu haben.
Das ist natürlich ein alter Hut, weil in der Regel im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar ist, ob beim Verpacken vielleicht tatsächlich ein Fehler passiert ist. In diesem Fall allerdings konnten wir uns an die Bestellung noch sehr gut erinnern, weil die Artikel- Zusammenstellung ungewöhnlich war. Es handelte sich um einen schwereren Artikel und zwei sehr kleine und sehr leichte Artikel. Wir konnten uns daher gut daran erinnern, dass wir auf der Suche nach einer passenden Kartonage waren. Der Kunde behauptete nun, er habe nur die beiden kleinen Artikel bekommen, die natürlich auch günstiger waren und den teureren großen Artikel nicht. Der Kunde weigerte sich dann auch, mal ein Foto von der Versandschachtel zu senden, das ich angefordert hatte, um Beschädigungen auf dem Versandweg ausschließen zu können. Der Betrüger roch aber den Braten und wollte natürlich kein Foto von einem großen Versandkarton schicken, der auch bis 10 kg frankiert war, in dem dann aber nur zwei kleine Taschen gewesen sein sollen.
Amazon A bis Z Garantie: Das BGH- Urteil
In dem nun entschiedenen Fall hatte ein Kunde einen Kaminofen für über 1300 Euro gekauft. Nachdem dieser eingebaut worden war, machte der Käufer mit einem A bis Z Garantieantrag Mängel geltend und bekam von Amazon Recht. Amazon erstattete aus dem Guthaben des Verkäufers den gesamten Kaufpreis. Der sah nicht ein, dass der Käufer so durch die Amazon- Entscheidung zu einem kostenlosen Kamin gekommen ist und verklagte den Kunden auf Einhaltung des Kaufvertrags und damit Zahlung des Kaufpreises. Während die ersten beiden Instanzen die Klage des Verkäufers noch abgewiesen hatten, weil sich beide Seiten der Entscheidung von Amazon im Voraus unterworfen hätten und damit verbindlich vereinbart hätten, gegenseitige Ansprüche mit der Entscheidung von Amazon für erledigt zu erklären, sah der Bundesgerichtshof dies nun anders und sprach dem Verkäufer den Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Kaufpreises zu.
Begründet wurde das Urteil mit der Auffassung, dass die A bis Z- Garantie eine Vereinbarung zwischen Amazon und Käufer ist und nicht zwischen Käufer und Händler. Die Tatsache, dass der Käufer damit zwei Instrumente für sich in Anspruch nehmen könnte – einerseits den A bis Z- Garantieantrag und für den Fall, dass dieser verloren geht, die gesetzliche Gewährleistung – würde den Verkäufer benachteiligen, weil dieser sich ausschließlich der Amazon- Entscheidung unterwerfen solle. Dies sei weder tragbar noch interessengerecht. Dem Verkäufer müsse gleichermaßen nach einer für ihn ungünstigen Amazon- Entscheidung die Möglichkeit offen bleiben, den gesetzlichen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises weiter zu verfolgen.
A bis Z- Garantieanträge bei Amazon für Händler nicht bindend: Fazit
Ob dieses sehr verkäuferfreundliche Urteil praktische Relevanz im Alltag erlangen wird, muss abgewartet werden, denn in den meisten Fällen geht es nicht wie hier um vierstellige Beträge sondern um Verkaufspreise im unteren zweistelligen Bereich. Insofern bleibt zu befürchten, dass die meisten Händler von geringwertigen Artikeln weiterhin zähneknirschend die Entscheidungen von Amazon hinnehmen werden. Dass Amazon etwas an seiner A bis Z Garantie oder zumindest an seiner undurchsichtigen Rechtsprechungspraxis ändert, darf wohl ausgeschlossen werden.
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